No Need to Walk

Achtspurige Autobahnen, ganze Einkaufsviertel im Industriegebiet und diverse Stadtpärke. «Houston, we have a problem!»

Houston ist eine typisch amerikanische Grossstadt. Obwohl mich ein paar Monate L.A & ein paar Wochen New York wohl kaum zur Expertin machen. Dennoch: Houston fehlt es eindeutig an Eleganz und Drive. Es gibt keine Yellow Cabs, keine Streetstyles zu entdecken und natürlich auch keinen Hollywood Boulevard – kaum auf Fussvolk trifft man hier. Selbst entlang dem Buffalo Bayou, sucht man Jogger und Spaziergänger vergebens. Der Wasserlauf des Flusses erstreckt sich allerdings über 95 Kilometer. Ob die Tristesse auf ganzer Länge anhält, habe ich nicht geprüft. Zu viele, abgelegene und unüberschaubare Abschnitte bestimmen den Weg. Daaa kaaann maaaan schooon maaaal Paranoia kriegen!

Dieses Wochenende lädt Houston jedoch zum Feiern ein. Sie ist die Gastgeberin des Super Bowls. Wahrscheinlich der einzige Anlass, der das amerikanische Volk in Zeiten von D. Trumps Regierung zu einen vermag. Wohl auch der einzige Event, der Spannung in die sonst unaufgeregte Stadt bringt. Aufregung gab es am Dienstag vorerst nur wegen der grosszügig angelegten Umleitungen rund um den Stadtpark Discovery Green. Kein Durchkommen für Normalos wie uns. Nur V.I.Ps der National Football League (NFL), Presseleute und Sicherheitspersonal durften sich ein paar Kilometer Fussmarsch sparen.

Na, so ein ausgeprägter Spaziergang tut der Seele und Gesundheit gut, mag der Schweizer denken. Zum Glück gibt es Autos, wohl der Houstonian. Hier genügt eine halbe Stunde Bewegung pro Tag durchaus. Das haben wir im Stadt Zoo gelesen! Vielleicht ist dies der Grund – und nicht die Paranoia überfallen, angepöbelt oder überfahren zu werden – für das überschaubare Fussgängeraufkommen der Grossstadt.

Slave Mart and Huguenot Torte

Bisher kam ich mit dem Dixieland sprich den Südstaaten Amerikas nur durch Spielfilme wie Sweet Home Alabama oder Quentin Tarantinos «Django Unchained» in Berührung. In meinem Kopf sind die Südstaaten dementsprechend von Menschen mit nachahmungswürdigem Akzent, überzuckerter Freundlichkeit und tiefgreifendem Rassismus geprägt.

Nach Savannah (Georgia) und nun auch Charleston in South Carolina hat sich meine Sicht nicht verändert. Dennoch bin ich ein Stück weit beruhigt. Witziger Akzent? Yep. Freundlich? Check. Rassistisch? Da bin ich mir sicher. Für mich als Touristin war dies allerdings kein Thema. Glücklicherweise! Letzteres hatte mir besonders Angst gemacht.

Die Geschichte der Sklaverei wiegt gerade in Charleston schwer. Die ausserordentlich hübsche Hafenstadt war einmal Dreh- und Angelpunkt des Sklavenhandels. Prunkvolle, restaurierte Villen entlang East and South Battery sowie der Middleton Place erzählen noch heute die Geschichte reicher Plantagenbesitzer. Mit dem Old Slave Mart Museum steht gar eines der letzten Gebäude in South Carolina, in dem Sklavenauktionen durchgeführt wurden. Ein schreckliches Vermächtnis. Angesichts dieses historischen Erbes Charlestons frage ich mich unweigerlich: Wie sieht mein Stammbaum aus? Welche meiner Vorfahren waren Sklaven? Welche Wege mussten sie gehen?

Charleston stillt allerdings nicht nur meinen Wissensdurst. Auch kulinarisch werden wir hier verköstigt – vorzugsweise vom Chef des Cru Café. Er versteht sein Handwerk ausgesprochen gut.

Der Renner unter den Desserts macht für uns jedoch die Huguenot Torte vom Fleet Landing. Darin vereinen sich Äpfel, Pecan Nüsse und Vanilleeis. Ausserordentlich raffiniert finde ich dabei die leicht salzige Note.

Adieu, du leckeres, schönes, geschichtsreiches Charleston. Wir kommen gerne wieder!

A Lovestory

Savannah und mich verbindet eine Art Liebesgeschichte. Eine, die bis ins Jahr 1996 und zu der gleichnamigen TV-Serie zurückführt.

Um was es dabei ging, weiss ich nicht mehr. Auch das Nachlesen auf «IMDb» half meiner Erinnerung nicht auf die Sprünge. Hängengeblieben ist allerdings ein Gefühl von Romantik und Freiheit. Die Welt schien heil in Savannah. Heiler als die meine damals. Deshalb wollte ich auf unserer dreimonatigen Reise dort unbedingt Halt machen.

Savannah ist eine echte Schönheit, die vor allem im «Historic District» zur Geltung kommt. Ein Eindruck, der sich auf einer Bustour durch den, nicht sehr weitläufigen, Bezirk bestätigt. Dort lernen wir, dass das Südstaaten Städtchen lange vor der Baumwolle im grossen Stil Reis exportierte. Und, dass es sieben Frauen waren, die sich für den Erhalt der geschichtsträchtigen Häuser stark machten.

Ja, auch bei diesen Frauen hielt die Liebe zu Savannah wohl ein Leben lang.

Ready.Steady.Go

Der Countdown läuft. In ein, zwei, drei, vier – na gut – sieben Stunden geht die Reise los. Alles hat seinen geordneten Platz. Nun darf die Anspannung der Entspannung weichen.